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Mittwoch, 7. September 2011

Newsletter September erschienen!


INHALT

1. Das Beffchen erzählt...
2. Klausur
3. Fundsachen im Web
4. Neue Materialien
5. Kristina Augst als Studienleiterin eingeführt
6. Neuer Weiterbildungskurs Grundschule und Sek I
7. Segensflieger - Flashmob zum Reformationstag
8. Bibel geschenkt
9. Konfis und Konfirmation
10. HR2: Himmlische Lust
11. Online Fortbildung! Biblische Geschichten
12. Tod und Sterben im Internet
13. Besondere Veranstaltungen
14. Videoclips
15. 9-11 Zehn Jahre Gedenken
16. Lehrertage in Mainz und Gießen
17. Unterrichtspraktische Impulse aus dem RPI Loccum
18. Funkkolleg für Kinder: Trialog der Kulturen
19. Humor und Absurdes



Das Beffchen erzählt...
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
manchmal können kleine Dinge Geschichten erzählen. Kleine Geschichten aus dem Alltag, die zum Schmunzeln oder Nachdenken anregen. Ein solches kleines Ding ist zum Beispiel das Beffchen. Wikipedia schreibt über das Beffchen:  "Das Beffchen (auch Bäffchen, von lateinisch biffa „die Halsbinde“) ist ein seit dem 17. Jahrhundert am Halsausschnitt getragenes 10–15 cm langes rechteckiges weißes Leinenstück. Es ist ein Rest des früher unter dem sogenannten „Mühlsteinkragen“ getragenen kleineren Kragens. Ab 1680 gehörte eine Halsbinde mit zwei auf die Brust herunterhängenden, nur wenige Zentimeter breiten Leinenstreifen zur bürgerlichen Tracht der Männer, dem Jabot vergleichbar, und war keinesfalls Amtstracht des lutherischen Pfarrers im Gottesdienst. Erst im 19. Jahrhundert wurde durch die Anordnung König Friedrich Wilhelm III. das Beffchen mit schwarzem Talar zum liturgischen Kleidungsstück im evangelischen Gottesdienst. Bis heute hat sich das Beffchen in der Amtstracht der evangelischen Geistlichen erhalten. Hier ist es fester Bestandteil des Talars. Ebenso gehört es in den jüdischen Gemeinden zum Ornat von Kantor und Rabbiner. Es gibt Beffchen zum Zubinden und zum Anknöpfen; oft werden sie auch einfach nur in den Kragen des Talars gesteckt. Welches Beffchen der Pfarrer benutzt, bleibt ihm – im Rahmen der jeweiligen landeskirchlichen Kleiderordnungen – überlassen. Nach der Einführung der Frauenordination steht es den Pfarrerinnen in einigen Landeskirchen frei, ob sie ein Beffchen tragen wollen oder nicht. Entscheiden sie sich gegen das Tragen des Beffchens, tragen sie in der Regel einen über den Talar geschlagenen weißen Kragen."

Das Beffchen erzählt Geschichten über seinen  Träger/Trägerin. Einmal gibt es ganz offiziell Auskunft über das Bekenntnis:  Den "Geheimcode" protestantischer Amtstracht kennt nicht jeder. Das weiße Beffchen ist in einer reformierten, einer lutherischen oder unierten Kirche unterschiedlich geschnitten. Reformierte tragen das, wenn man so will, liturgische Accessoire geschlossen, lutherisch ist der Kragen von oben bis unten geteilt – und die unierte Tracht liegt genau dazwischen, zur Hälfte geschlossen, zur Hälfte getrennt. So ist an diesem kleinen Stückchen Stoff erkennbar, mit wem man es zu tun hat. Aber auch jenseits dieser Bekenntnisbotschaft sagt das Beffchen manches aus: Beffchen werden meist schmucklos, zum Teil aber auch aufwendig mit Hohlsaum oder Stickereien gestaltet und mit Symbolen verziert.  Auf www.wasmer.de/beffchen.html findet man sogar Beffchen mit Keltenkreuzen, mit Jerusalemkreuz, mit Regenbogen, in violett mit Öllampe und ein Kindergottesdienstbeffchen. Ich habe auch schon Gottesdienste besucht, wo ein Beffchen am Kragen hing, das man mit Mitleid ansah und ihm mal wieder eine Behandlung mit einem Bügeleisen wünschte.

Am vergangenen Mittwoch feierten wir die Amtseinführung unserer Kollegin Kristina Augst in der Friedensgemeinde in Darmstadt als Studienleiterin des RPI. In der Sakristei bereiteten wir uns auf den Gottesdienst vor und ich merkte vor Schreck: Ich habe mein Beffchen zu Hause liegen gelassen.  Da ich nicht mehr Gemeindepfarrer bin und den Talar nicht mehr so häufig brauche (meine Frau braucht einen Handgriff und alles Handwerkzeug ist verlässlich zur Stelle) muss ich den Talar immer aus einer besonderen Schutzhülle nehmen, mein Beffchen ist in meiner Gottesdienstmappe. Die habe ich nicht mitgenommen, da ich im Gottesdienst "nur" die Begrüßung und die Fürbitten zu halten hatte. Das war mein Fehler.  AM Gottesdienst waren noch vier weitere ordinierte personen beteiligt, alle im Talar MIT Beffchen. Das sieht nicht gut aus!, dachte ich mir., Was tun? Zum Glück hatte der Kollege Kloß, Leiter des Kirchlichen Schulamtes ein Ersatzbeffchen in der Tasche.  Das passte.  Nun mag man sagen, stilisiere es nicht zum Symbol, aber warum denn nicht: Die Arbeit des RPI  ist gerade in den Regionen auf eine gute Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Kirchlichen Schulamt angewiesen. Die Beffchen-Amtshilfe vollzieht diese Zusammenarbeit quasi im liturgisch-symbolischen Rahmen.

Es gibt wahrscheinlich eine Menge solcher "Vergessener-und-Verlorener-Beffchen-Geschichten". Eine Kollegin erzählte von einem Beffchen, das in einer Handtasche auf einem "weit-weg-von-der-Kirche" Parkplatz liegen geblieben war, als der Gottesdienst begann.   Sie und ihre Kollegin behalfen sich damit, da zum Glück die beiden niemals gleichzeitig als Liturginnen auftraten,  sie jeweils beim Zurückkehren in die Kirchenbank, das Beffchen von einem Talar ab und an den anderen Angeknüpft wurde, sodass das Beffchen den gesamten Gottesdienst mit unterschiedlichen Trägerinnen im Einsatz war.
Mir selbst ist es ebenfalls einmal passiert, dass bei einem Karfreitagsgottesdienst mit meiner Frau, einer von uns beiden das Beffchen nicht parat hatte - ich kann mich nicht mehr erinnern, wessen Beffchen fehle. Wir entschieden uns dafür, dass beide ohne Beffchen den Gottesdienst hielten, da ja auch der Altar schmucklos da stand und taten so, als sei dies am Karfreitag übliche liturgische Gepflogenheit.

Mir geht es so, dass ich im Lauschen auf manch kleine Geschichte oft Großes verstehe. Dabei sind diese kleinen Geschichten meist leise und unscheinbar. Aber es lohnt sich, für die kleinen Geschichten unseres Lebens aufmerksam zu werden, und zu lernen sie zu erzählen - auch im Unterricht.

Eine gute Zeit
wünscht Ihnen


Uwe Martini, Direktor des RPI



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