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Sonntag, 1. August 2010

Das große „I“

Vorwort zum Fortbildungsprogramm 2010/2011 des RPI der EKHN

Die Schale ist zerbrochen. Das kleine Küken schaut neugierig und auch ein wenig ängstlich in die Welt hinein. Es läuft noch etwas tollpatschig und wackelt bei jedem Schritt hin und her, aber es fällt nicht hin. Die Schale ist zerbrochen, es ist auf die Welt gekommen. Und man kann schon erkennen, dass aus diesem kleinen Küken vielleicht einmal ein stolzer Schwan werden wird, der majestätisch auf dem See schwimmen, oder eine Ente, die selbst einmal umringt von ihren Küken im Teich gründeln wird.

Aus dem RPZ Schönberg ist ein RPI geworden. Aus dem "Zentrum" wurde ein "Institut". Was hat es mit diesem großen „I“ auf sich? Die Kirchenleitung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau hat im Mai diesen Jahres beschlossen, das bisherige Religionspädagogische Studienzentrum in Schönberg (RPZ) weiterzuentwickeln, indem es dieses mit fünf regionalen Arbeitsstellen ausgestattet hat. Die Anzahl der im Institut tätigen Studienleiter/innen ( früher Dozent/innen) hat sich damit von fünf auf acht erhöht. Das Institut verfügt neben seinem Hauptsitz über je eine regionale Arbeitsstelle in Nassau, in Herborn, in Gießen, in Frankfurt und in Darmstadt. Außerdem hat eine unserer Studienleiterinnen noch einen besonders Auftrag für die Region Mainz. Mit dieser Veränderung ist die Hoffnung verbunden, ein Fortbildungs- und Qualifizierungsangebot entwickeln zu können, das eng mit den Schulen in der Region verbunden ist und die Bedürfnisse der Lehrkräfte vor Ort aufnehmen und beantworten kann.

Gleichzeitig soll dies aber auch ein Qualifizierungsangebot werden, das überregional abgestimmt und mit einer klaren Schwerpunktsetzung erkennbar ist. Dieses Programm wird an dem Ziel orientiert sein, den Religionsunterricht an den Schulen zu stärken, ihn deutlicher in die Mitte der Schule zu rücken, seine Innovationskraft für die Schulentwicklung neu zu fokussieren und zu entfalten. Das RPI wird versuchen zwei Denkrichtungen miteinander in ein Gleichgewicht und einen fruchtbaren Dialog zu bringen: Auf der einen Seite überregional zu denken (bspw. von den Bildungsstandards her) und dies regional umzusetzen, auf der anderen Seite regional zu denken (bspw. von den konkreten Fragen einer Bildungsregion oder einer Schule her) und dies in die globale Unterstützungsstrategie einfließen zu lassen. Ein solches Verfahren wird in den Prozessen der Implementierung des kompetenzorientierten Unterrichtens von besonderer Bedeutung sein.

Kurz und gut, wir hoffen, mit dem RPI der EKHN eine Struktur geschaffen zu haben, die zukunftsfähig regional und überregional ein wirkungsvolles Unterstützungssystem für all diejenigen anbieten kann, die das Fach „Ev. Religion“ an den Schulen unterrichten und in den Gemeinden und Dekanaten unserer Kirche religionspädagogisch arbeiten, bspw. in der Konfirmandenarbeit.

Diese Veränderungen gehen einher mit Veränderungen der Religionspädagogischen Ämter, die zu Kirchlichen Schulämtern werden, indem sie ihre bisherige Fortbildungsverantwortung auf das RPI übertragen. Somit werden in Zukunft die Schulen sich auf zwei kirchliche Ansprechpartner in der Region berufen können, den Kirchlichen Schulamtsdirektor in Fragen der Verwaltung und den/die Studienleiter/in des RPI in Fragen der Beratung und Fortbildung. Die EKHN will ihre Unterstützung für die Schulen dadurch stärken. Der Religionsunterricht ist für die Ev. Kirche in Hessen und Nassau ein wertvolles Gut.

Diese Veränderungen sind offiziell in Kraft getreten am 1.8.2010. Aus der Sicht des Kükens ist damit die Schale zerbrochen. Aber vieles muss noch wachsen, vieles muss sich entwickeln, vieles muss erst noch entstehen und viele Fragen sind auch noch offen.

Was ist denn schon da? In Herborn und in Nassau wurden die bisherigen Dienststellen des RPA zu regionalen Arbeitsstellen des Religionspädagogischen Institutes (RPI). Und wir freuen uns sehr Annegret von Dahl in Nassau und Wolfgang Wendel in Herborn als neue Studienleiter des Institutes begrüßen zu können. Aus diesem Grund finden Sie bereits einige Veranstaltungen der Herborner und Nassauer Arbeitsstelle in diesem Programm. Alle Veranstaltungen des RPI sind prinzipiell für alle Teilnehmer/innen offen, d.h. Sie müssen nicht im Bereich Herborn arbeiten oder wohnen, um an diesen Veranstaltungen teilnehmen zu können.

In Darmstadt und in Frankfurt wechseln eine Dozentin und ein Dozent des bisherigen RPZ Schönberg in die regionale Arbeitsstelle: Gabriele Sies wird in Zukunft für Frankfurt/Main und Björn Uwe Rahlwes für den Darmstädter Raum zuständig sein. Hier müssen die Angebote erst noch entwickelt werden, ebenso wie in Gießen, wo die Studienleiter/innenstelle neu ausgeschrieben wird. Die Fortbildungsveranstaltungen, die von den Religionspädagogischen Ämter vor dem 1.8.2010 noch geplant waren, werden in der Regel unter deren Verantwortung auch noch ausgeführt. Dafür einen herzlichen Dank an die Kollegen!

Was ist noch offen? Wo wird das RPI seinen Hauptsitz haben, wenn das Tagungshaus in Schönberg geschlossen wird und die Villa nicht mehr zur Verfügung steht? Werden wir in unserem Hauptsitz noch eine personelle Verstärkung erfahren, besonders in dem strategisch so wichtigen Arbeitsfeld wie der Konfirmandenarbeit? Was geschieht mit der Bibliothek? Wie gelingt uns die Balance zwischen schulfachlicher Arbeit und Fortbildungsarbeit? Wie entwickeln wir konzeptionell eine regionale Unterstützungsarbeit für den Religionsunterricht? Darauf werden wir im kommenden Jahr Antworten zu finden haben.

Aber diese Antworten können wir auch finden. Der erste wichtige Schritt ist getan. Unsere Schulen entwickeln sich hin auf mehr Eigenständigkeit. Sie profilieren sich innerhalb regionaler Bildungslandschaften. Sie vernetzen sich vor Ort in Schulnetzwerken und Verbünden. Nachhaltige Qualifizierung, Beratung und Unterstützung kann nur in diesen Kontexten geschehen. Und dafür hat die Ev. Kirche in Hessen und Nassau nun die Voraussetzungen geschaffen.

Das große „I“ steht für eine deutliche und erkennbare Orientierung hin auf die Schulen. Aber es ist auch nur ein Buchstabe von dreien. Das RPZ wurde nicht geschlossen und ein neues Institut geschaffen. Vielmehr verändern wir das RPZ und entwickeln es weiter zu einem modernen Fortbildungsinstitut.
Dennoch ist es ein Neuanfang. Und wie jeder Neuanfang ist auch dieser verbunden mit Abschied und Trauer. Am meisten schmerzt uns der Verlust unseres Tagungshauses. Die Synode der Ev. Kirche in Hessen und Nassau hat im Februar beschlossen das RPZ Tagungshaus spätestens zum 31.12.2012 zu schließen. Mittlerweile haben wir festgelegt, dass bis zu den Herbstferien 2012 der volle Tagungsbetrieb aufrechterhalten bleibt. Wir werden bis zu diesem Datum unser Haus nutzen: Auch Sie können bis Herbst 2012 in Schönberg Ihre Tagungen und Konferenzen durchführen. Gerne begrüßen wir Sie als Teilnehmer auf den RPI Veranstaltungen und als Anbieter mit eigenen Gästen im Tagungshaus. Über 2012 hinaus werden wir ein neues Tagungshauskonzept entwickeln.

Ein Neuanfang ist immer auch verbunden mit Abschieden. Es ist wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Jahren auf einige traditionsreiche Angebote des RPZs verzichten müssen. Aber dafür werden andere, neue und vielversprechende Angebote entstehen.

Dieses Fortbildungsprogramm ist ein Übergangsprogramm. Es gewährt einen Blick auf etwas Zukünftiges. Mit einigen Angeboten ist es noch das alte RPZ Programm, mit anderen zeigt es schon etwas von der neuen regional orientierten Struktur. Der Newsletter des RPI informiert Sie monatlich zuverlässig über neue Angebote. Auf unserer Webseite finden Sie jeweils aktuell sowohl Ihre Ansprechpartner, als auch jedes Fortbildungsangebot, das möglicherweise im Laufe des Jahres neu hinzukommt (www.rpi-ekhn.de).

Wir sind auch ein wenig stolz darauf, Ihnen trotz all der Umbrüche, die wir in den vergangenen Monaten erlebt haben, heute ein solches Jahresprogramm vorlegen zu können. Es ist zum zweiten Mal ein gemeinsames Programm mit dem pti in Kassel, unserem Schwesterinstitut der Kurhessischen Kirche. Sie finden seit langer Zeit wieder eine ganze Reihe von Studienreisen im Programm, im Bereich Konfirmandenarbeit finden Sie die Kooperation mit dem Theologischen Seminar in Herborn. Weil es ein Übergangsprogramm ist, heißt es immer noch "Schönberger Programm". Im kommenden Schuljahr wird unser Angebot ganz sicherlich ein verändertes Gesicht haben und neue Inhalte präsentieren.

Ob sich dieser umfangreiche und komplexe Veränderungsprozess gelohnt hat? Ob es der richtige Weg ist, der hier eingeschlagen wurde? Ob das RPI die Aufgabe der Qualitätsentwicklung für Religionsunterricht und Konfirmandenarbeit besser und nachhaltiger gewährleisten kann, als es das "alte" RPZ hätte tun können? All das wird sich in den Schulen erweisen. In den Schulen soll in den kommenden Jahren spürbar werden: Die Ev. Kirche kümmert sich spürbar um die Lehrkräfte im Fach Religion. Die Unterstützung für diejenigen, die religionspädagogisch an den Schulen und in den Gemeinden tätig sind, ist sichtbar stärker geworden. Dann hat es sich gelohnt.



Uwe Martini, Direktor RPI

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